Auf was musst du bei deinem GdB-Antrag achten? – Alle über einen Kamm scheren?

Vorweg möchte ich eine Lanze brechen:
Oft gibt es lange Diskussionen und Vorwürfe über Entscheidungen der Leistungsträger.
Von ungerecht bis unfähig ist alles dabei. Dazu unten mehr.
Es werden Vergleiche gezogen, warum bei dem einen dieser Grad der Behinderung und das Merkzeichen festgestellt wurde und bei dem anderen nicht. Jeder ist unterschiedlich, einzigartig und ja, es gibt sicher auch Unterschiede von Amt zu Amt oder Sachbearbeiter (Mensch) zu Sachbearbeiter (Mensch). Es ist in meinen Augen nicht fair, alle über einen Kamm zu scheren.

So ein Antrag erfordert Zeit und vor allem für viele ME/CFS Betroffene sehr viel Energie,
die oft nicht vorhanden ist.

Bei einem Antrag zur Erwerbsminderungsrente helfen ehrenamtliche Versichertenälteste/Rentenberater oft. Frag bei deiner Gemeinde oder Stadt nach.

Auch die Beratungsstellen der DRV helfen dir weiter und sind meist in größeren Städten ansässig.

Beratungstellen der DRV in deiner Nähe finden

Es reicht nicht aus, nur den Antrag zu stellen, ein paar Kreuze zu setzen und eine Liste der Ärzte beizufügen, die dich behandelt haben.

Es ist mühsam, alle Berichte und Befunde zusammenzutragen, aber es lohnt sich.
Die Sachbearbeiter haben keine Glaskugel und können nicht ahnen, welche Einschränkungen du im Alltag hast. Es kostet unnötig lange Wartezeit, bis dein Antrag und der vieler anderer bearbeitet werden kann, wenn das Versorgungsamt die erforderlichen Unterlagen einholen muss.

Wichtig: Eine Erkrankung wird erst anerkannt, wenn deine Diagnose mindestens 6 Monate feststeht und du deshalb in Behandlung/Therapie bist. Es gibt Ausnahmen bei einigen Erkrankungen, z.B. Krebs.

Denke daran: Nur deine Befunde führen nicht unbedingt zur Anerkennung eines angemessenen GdB oder Merkzeichen. Sie unterstreichen quasi deine Einschränkungen.
Wichtig ist zu wissen, dass mehrere Diagnosen nicht zusammen gerechnet werden.
Leider ist es auch so, dass jedes Jahr die Voraussetzungen „verschärft“ werden.
Vor Jahren gab es auf Diabetes direkt einen GdB von 50, heute mit Glück 30.

Tipp: Lass dir regelmäßig deine Befunde aushändigen oder per Mail zusenden.
Lege dir einen Extraordner in Papier und/oder auf dem PC an.

Eine gute Dateibenennung bzw. Registerbeschriftung ist wichtig, dass du oder deine Unterstützung alle notwendigen Unterlagen schnell finden.

Hast du mehrere Erkrankungen, ist es hilfreich für jede Diagnose ein eigener Schnellhefter oder Ordner zu verwenden.

So sparst du dir Zeit und Energie, bist zukünftig gut vorbereitet und musst für den nächsten Antrag nur noch ein oder zwei Berichte besorgen.

Befreie deine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht, sonst dürfen sie keine Daten und Informationen herausgeben.

Wie habe ich meinen Antrag gestellt?

Grundsätzlich kannst du bei einem Antrag für EMR genauso vorgehen.

Für jede Diagnose einzeln, habe ich habe meine medizinischen Befunde und Atteste
der letzten zwei Jahre (kopiert), chronologisch und durchnummeriert zusammengestellt.
Alle wichtigen Stellen habe ich mit einem Textmarker hervorgehoben, damit der Sachbearbeiter sich nicht mühsam durch die Aktenberge wühlen muss oder gar Wichtiges übersieht.
Es erleichtert ihm die Arbeit und hat den Vorteil, dass nichts in den oft sehr langen Befunden überlesen wird und untergeht.

Extrablatt Diagnosen:

Ich habe alle Diagnosen mit ICD, den entsprechend nummerierten Befunden und mit der jeweiligen Seitenzahl (die ich markiert habe – Punkt 1) notiert. Gerade bei ME/CFS ist es wichtig kurz, einfach und knackig ein paar Worte dazuzuschreiben.

Hilfreich ist es auch, Infomaterial zum Beispiel von der Charite´ beizufügen.

Extrablatt Ärzte, Kliniken, Reha:

Oft reicht das vorgegebene Feld nicht aus.
In dieses schreibe ich immer: Siehe Anlage Ärzte. Auch das kostet Energie und Kraft, erleichtert jedoch dem Sachbearbeiter die Arbeit und falls er Rückfragen hat, muss er nicht Herr/Frau Google bemühen. Ein weiterer Vorteil, die Bearbeitung kann schneller gehen.

Was gehört auf die Liste:

Name, Anschrift, Fachrichtung, Telefon-, Fax Nummer, Mailadresse und das Datum des letzten Besuchs beim jeweiligen Arzt.

Wenn du ein Merkzeichen beantragst, überprüfe ob du die Anspruchsvoraussetzungen erfüllst. Beschreibe deine Einschränkungen und wie unter Punkt 2 verweise auf Befund
und Seite. Hier findest du Infos:

Erklärung und Voraussetzungen der Merkzeichen

Extrablatt persönliche „Begründung“:

Ich habe mit einfachen Worten und Beispielen beschrieben, wie sich meine Einschränkungen im Alltag, beim Einkaufen, Arztbesuchen, Hygiene, persönlichen Kontakten, Veranstaltungen u.v.m. auswirken.
Hast du Angst- und Panikattacken, wenn du unter vielen Menschen bist? Bekommst/benötigst Unterstützung, wenn du öffentliche Verkehrsmittel nutzen musst. Unterstützt dich jemand im Haushalt, beim Einkaufen?
Auch das alles gehört dazu. Es geht um deine Teilhabe am Leben, die im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Menschen eingeschränkt ist.

Ärzte informieren

Meinem Hausarzt und den Fachärzten habe ich mitgeteilt, dass ich einen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung beantragt habe. Nicht immer weiß dein Arzt von deinen Einschränkungen im Alltag. Meist fehlt die Zeit dazu.
Ich habe nur „so nebenbei“ erwähnt, dass ich nicht lange gehen und stehen kann.
Aus diesem Grund wurde mir das Merkzeichen verwehrt. Es war nicht dokumentiert.
Für das fehlende Merkzeichen habe ich Widerspruch eingelegt, den GdB von 50
unbefristet habe ich akzeptiert.

In einem Telefonat mit dem Versorgungsamt bekam ich die Begründung:
Es war aus den Befunden nicht ersichtlich. Zu allem „Unglück“ stand im Abschlussbericht meiner Reha „moderater Ausdauersport“ und nichts von meinen Einschränkungen.
Das habe ich total überlesen. Den Rehabericht habe ich korrigieren lassen.

Das Telefonat war von Vorteil, denn wenn ich weiß, warum abgelehnt wurde, kann ich entsprechend handeln:
Ärzte ins Boot holen, Befunde nachreichen, korrigieren lassen oder für den Moment die Entscheidung akzeptieren.

Tipps zur Formulierung:

Wichtig sind deine detaillierten und sachlich beschriebenen Einschränkungen in deinem Lebensalltag.

Vermeide emotionale Umschreibungen und Formulierungen.

So besser nicht: Begründungen wie ich habe diese und jene Diagnose, deshalb steht mir das Merkzeichen xyz zu. Auch einen bestimmten GdB kannst du nicht „beantragen“.
Das ist leider kein „ich wünsch mir was“.

Ein gut vorbereiteter Antrag, wird sicher dem Sachbearbeiter mehr „Freude“ bereiten und
im besten Fall, zu einer schnelleren Entscheidung führen.

Er garantiert dir allerdings nicht wie entschieden wird.
Solltest du mit deinem GdB nicht einverstanden sein, überlege, was dir eine Höherstufung bringt und ob sich dafür der Energieensatz lohnt. Eventuell ist ein Änderungesantrag nach sechs Monaten sinnhaftiger. Weiterführende Links findest du unten.

Zum Schluss noch ein eigener Gedanke:
In den Ämtern arbeiten Menschen, die meist noch weniger über die Diagnose ME/CFS wissen, als Ärzte. Deshalb ist ein gut und sachlich vorbereiteter Antrag umso wichtiger.
Meist sind die Abteilungen unterbesetzt, was sicher nicht das Problem der Antragsteller ist, sondern auf weitaus höherer Ebene entschieden wurde.

Ich weiß wovon ich spreche.
In meinem Job im Sozialen Dienst gibt es auf Grund von Sparmaßnahmen eine massive Erhöhung an Menschen, die ich ab 2024 mit der gleichen Stundenzahl betreuen darf,
obwohl wir aktuell schon kaum hinterher kommen. Meine Kollegen und ich sind unglücklich darüber, denn die Qualität wird sicher bei all unserem bemühen leiden oder uns einen Berg Überstunden bescheren, die ich nicht leisten kann und meine Kollegen auffangen müssen.

Ich schreibe das hier, weil es mir wichtig ist, das Sachbearbeiter wie ich weder würfeln, noch nach Geschlecht usw. entscheiden. Wir arbeiten nach besten Wissen und Gewissen und ein gut vorbereiteter Antrag hilft ungemein. Ein Zeitfenster um in die Tiefe zu gehen ist leider nicht da.

Viel Erfolg bei deinem Antrag, auch wenn ich hoffe, dass du gar keinen stellen musst.

Bleib posimistisch 😊

Alles Liebe deine Ela

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Alle Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen und meinen Erfahrungen zusammengestellt, die ich mit euch teile. Es gibt keinen Anspruch auf medizinische oder rechtliche Richtigkeit. Jede Haftung, Rechts- und Schadensersatz-ansprüche mir gegenüber sind ausgeschlossen.

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Ich bin Ela. Seit 2020 lebe ich mit den Diagnosen ME/CFS, Fibromyalgie, hEDS (Ehler-Danlos-Syndrom, hypermobilität) und seit Jahrzehnten mit den Lebensmittelintoleranzen Lactose, Fructose und Histamin.

Mit diesem Blog möchte ich dir hilfreiche Tipps und wertvolle Informationen für dein Leben mit der Diagnose ME/CFS mitgeben.

Alles Liebe deine Ela

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