Die Neue Grundsicherung – Was bedeutet das für ME/CFS Betroffene

Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung ist final.
Das Bürgergeld wird durch die Neue Grundsicherung ersetzt und für
ca. 5,4 Millionen Leistungsempfänger einiges an Veränderungen nach sich ziehen.

Ich habe mich mehrere viele Tage durch den Vertrag gewühlt.
Kognitiv, na du weißt schon, nicht so einfach.

Vorweg: Was wie kommt, steht in den Sternen.
Was wie umgesetzt wird, ebenso.
Tatsache ist, so steht es geschrieben und ich zitiere F. Merz, dass die Bundesrepublik ein Ausgabenproblem hat. Mehr muss man nicht wissen.

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Mehr zu meinem Projekt „Schöpflis für ME/CFS“

Ich kann mich nur wiederholen:
Hauptthema
ist die fehlende Differenzierung zwischen Totalverweigerern
und ernsthaft erkrankten Menschen um verschärfte Sanktionen zu vermeiden.

ME/CFS ist seit 1969 unter dem ICD G93.3 gelistet.
Auch nach über 50 Jahren gibt es noch keine ausreichende Forschung.

Die Diagnose wird nicht im Medizinstudium gelehrt, vielen Ärzten ist sie unbekannt.

Wie soll ein Sachbearbeiter entsprechende Entscheidungen treffen,
unterscheiden zwischen der Mensch will oder kann nicht?
Ihm dürfte ME/CFS noch weniger bekannt sein.

Inhalt:

Mir stellen sich folgende Fragen

Inklusion in den Arbeitsmarkt für Menschen mit befristeter EMR

Zwang in die vorzeitige Rente zu gehen

Zurück zum Thema

Was kommt auf die Leistungsbezieher zu?

Dürfen Leistungen komplett gestrichen werden?

Vermögen – voher/nachher

Sanktionen – vorher/nachher

Mir stellen sich folgende Fragen

Wie sollen Betroffene mit ME/CFS monatlich einen fixen Termin wahrnehmen?
Sie schaffen es oft nicht mal zum Arzt.
In meinem Fall wäre ich je nach Uhrzeit mehr als drei Stunden mit dem ÖPNV unterwegs. Puh.

Wie soll ein Sachbearbeiter entscheiden, dass ein wirklich kranker Mensch vor ihm sitzt, wenn es immer noch viele Ärzte und Behandler gibt, die die Diagnose verleugnen und stigmatisieren?

Selbst wenn ein ME/CFS Patient noch ein paar Stunden arbeiten kann:
Die erhöhten zumutbaren Zeiten für den Anfahrtsweg können zu einem Vollzeitjob werden.
Nicht alle trauen sich zu, noch weitere Strecken mit dem Pkw zu fahren.

Lese dir den Beitrag durch und mache dir dein eigenes Bild.
Meine Sichtweise ist, dass zwingend darüber gesprochen und aufmerksam gemacht werden muss.
Dafür häkele ich meine Schöpflis.

Du kannst mein Projekt unterstützen, in dem du auf Social Media teilst.
Lieben Dank.

Inklusion in den Arbeitsmarkt für Menschen mit befristeter EMR

Neben dem Punkt „Arbeitsmarktpolitik für Arbeitsuchende“ ist auch das Thema „Inklusion“ im Koalitionsvertrag interessant.

Zitat hier: „Prävention vor Reha und Rente.“
Und
„Wir wollen mit Reha-Leistungen diejenigen zielgenauer erreichen,
die bereits in einer befristeten Erwerbsminderungsrente sind.“

Was immer das genau bedeutet?
Es ist genauso wachsweich, wie die restlichen 140 Seiten.

Man könnte hineininterpretieren, dass Menschen mit befristeter EMR durch eine weitere Reha oder was auch immer, überprüft werden sollen.

Ziel: Ihre Arbeitsfähigkeit festzustellen und sie aus dem Sozialsystem zu bekommen.
Kleine Erinnerung: „Die Bundesrepublik hat ein Ausgabenproblem.“

Leistungsbezieher dürfen „gezwungen“ werden in die vorzeitige Rente mit Abschlägen zu gehen

Wenn wir schon beim Thema Rente sind:
Das Jobcenter darf Leistungsbezieher zur vorzeitigen Rente mit Abschlägen „zwingen“, was 10,8 % Minderung des Einkommens bedeutet.
Dauerhaft. Eine nicht unerhebliche finanzielle Einbuße.
Entscheidung Bundessozialgericht (BSG) Verfahren B 14 AS 46/15 R z.

Ich erwähne es, weil es sicher nicht so bekannt ist und nicht jeder Betroffene diesen Weg gehen möchte.
Wer eh schon eine kleine Rente erhalten wird, soll „gezwungen“ werden mit Abschlägen in den Ruhestand zu gehen.
Das ist nichts anderes als eine Verschiebung, aus welchem Topf gezahlt wird.
Die DRV wird not amused sein.

Dabei wird vergessen, dass wenn diese Rente nicht reicht, dann die „normale“ Grundsicherung für Rentner greift. Aus meiner Sicht eine Milchmädchenrechnung, aber auf dem Papier …
Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Zurück zum Thema

Viele ME/CFS Betroffene, die auf Grund fehlender Diagnose, Stigmatisierung
oder auch das gibt es,
als eingebildete Kranke abgestempelt werden,
„Man möge sich doch einfach nur mal aufrappeln“
sind davon je nach persönlicher Lebenssituation mehr oder weniger betroffen.
Medical gaslighting lässt grüßen.

Das Krankengeld ist ausgeschöpft, ebenso das ALG 1.
Die Erwerbsminderungsrente ist in weiter Ferne,
weil mittlerweile vor dem Sozialgericht. Noch ein Gutachten, noch eine Reha.
Das dauert.

Während eines Gutachtens wurde mehrfach geäußert, man(n) merke,
wenn sich jemand die Rente erschleichen will. Auf gut deutsch und überspitzt fomuliert: „Sozialschmarotzer“. Das Gutachten fiel entsprechend aus.

Dazu mehr in meinem Beitrag Leben mit ME/CFS.

Ich bin im vierten Jahr seit meinem EMR Antrag und soll nochmals in eine Reha.
Die Ärztin der Klinik sieht mich als nicht rehafähig. Meine Hausärztin auch.
Was soll ich machen?
Augen zu und durch. Ich habe keine Wahl.

Was bleibt, wenn Krankengeld und ALG 1 ausgeschöpft sind?
Das Bürgergeld, bzw. die Neue Grundsicherung.

Noch betrifft es mich nicht. Aber wer weiß, was das Leben so bringt.
Ich hoffe sehr, der Kelch geht an mir vorbei.
Im besten Fall mit einem passenden Job im Home-Office.

Was kommt auf Leistungsbezieher zu?

  1. Schärfere Sanktionen bei fehlender Mitwirkung wie, verpasste Termine
    oder nicht auf Schreiben reagieren.
    In schlechten Phasen bin ich froh, mir eine Mahlzeit zubereiten zu können.
    Der Weg zum Briefkasten ist sehr weit weg.

  2. Bewerbungszwang auf zumutbare Jobs.
    Was zumutbar ist, entscheidet das Jobcenter.

  3. Leistungskürzungen bei Ablehnung von zumutbarer Arbeit
    (nicht näher definiert, was zumutbar ist)

  1. Längere Anfahrtswege müssen in Kauf genommen werden.
    Bei mehr als 6 Stunden insgesamt 3 Stunden (statt bisher 2,5 Stunden),
    unter 6 Stunden bis zu 2,5 Stunden (statt bisher 2 Stunden).

  2. Monatliche persönliche Meldepflicht beim Jobcenter.

  3. Für Menschen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen
    (also mit Behinderungen) keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden,
    sollen durch Qualifizierung, bessere Gesundheitsförderung
    (Wie? Nicht näher definiert) und Reha-Maßnahmen eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen.
    Das bedeutet? Zwingend eine Reha-Maßnahme antreten?
    Nicht immer wird eine Bescheinigung zur Rehaunfähigkeit akzeptiert.

  4. Die Bezahlkarte soll deutschlandweit eigeführt werden.
    Ob es alle Leistungsempfänger betrifft oder ausschließlich geflüchtete Menschen, geht aus dem Koalitionsvertrag nicht hervor.

  5. Neue Berechnung der Regelsätze
    (nicht näher definiert, Niveau vor Corona steht geschrieben).

  6. Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen

  7. Anpassung des Schonvermögens an die Lebensleistung, somit an frühere Erwerbstätigkeit und Beitragsjahre (nicht näher definiert)
    Wer beispielsweise viele Jahre gearbeitet oder Kinder erzogen hat,
    soll mehr behalten dürfen als Leistungsbezieher, die dies nicht erfüllen.
    (Wieviel mehr? Dazu steht nichts geschrieben)

  8. Karenzzeit für Vermögen statt 12 nur noch sechs Monate, bzw. Abschaffung.

  9. Keine Karenz bei Schonvermögen, wenn die die Kosten der Unterkunft unverhältnismäßig hoch sind (nicht definiert, was unverhältnismäßig ist).

Bei dem aktuellen Wohnungsmarkt eine verhältnismäßig bezahlbare Unterkunft zu finden, ist quasi ein Sechser im Lotto.

Dürfen Leistungen komplett gestrichen werden?

Bezieher, die ihre Mitarbeit verweigern, sollen durch Sanktionen bestraft werden:
Zitat Fridrich Merz: „Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“.

Die Sanktionen sollen bis zum kompletten Leistungsentzug gehen, wenn wiederholt eine zumutbare Arbeit abgelehnt wird.
Es soll die „Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachtet werden“.

Das BVG entschied 2019, dass Leistungskürzungen von mehr als 30 % unzulässig sind, wenn der Bezieher eine „zumutbare“ Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund abgelehnt hat. 
Festgelegt ist das in § 31a Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II), der die „Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen“.

Was zumutbar ist, entscheidet der Sachbearbeiter. Ob diese zu ME/CFS und den einhergehenden Einschränkungen passt? Wie soll das beurteilt werden?

Da sind sie wieder, meine Fragen

Wie das Vorhaben der neuen Koalition umgesetzt wird? Wir werden sehen.

Und dafür häkele ich die Schöpflis. Um genau darauf Aufmerksam zu machen, auch wenn es mich aktuell nicht betrifft.

Vermögen

Aktuelle Regelung – Bürgergeld Vermögen

Im ersten Jahr des Leistungsbezugs, darf die erste Person in einem Haushalt 40.000 Euro besitzen.
Jede weitere Person 15.000 Euro. Selbstgenutztes Wohneigentum zählt nicht dazu.

Nach der einjährigen Karenz schrumpft der Freibetrag auf 15.000 Euro
pro Person.
Selbstgenutztes Wohneigentum zählt nur, wenn eine Wohnfläche von
130 qm nicht überschritten wird.

Damit waren die Ersparnisse zum Beispiel für das Alter besser geschützt.

Neue Grundsicherung – Vermögen

Die Karenzzeit beträgt nur noch sechs Monate und Koppelung an die Lebensleistung. Wer beispielsweise viele Jahre gearbeitet oder Kinder erzogen hat, soll mehr behalten dürfen als Leistungsbezieher, die dies nicht erfüllen.
Über die Höhe wurde nicht geschrieben, es braucht eine Glaskugel.

Persönliche Sichtweise: Leistungsempfängern werden Rücklagen oder Eigentum, welches sie sich für das Alter erarbeitet haben, angerechnet – respektive weggenommen. Ererbte Milliarden höher zu besteuern ist auf der anderen Seite Neid und Missgunst, weil sich das vorher „erarbeitet“ wurde.

Sanktionen

Bisherige Sanktionen

Bis Ende 2024 mussten Leistungsbezieher bei Meldeversäumnissen oder ablehnen einer zumutbaren Arbeit nur eine Minderung um 10 % für einen Monat  befürchten.

Bei der zweiten Pflichtverletzung wurde das Bürgergeld für zwei Monate um 20 % gekürzt und erst bei der dritten für drei Monate um 30 %.

Neue Sanktionen

Wer eine zumutbare Arbeit, einen Ausbildungsplatz oder eine Eingliederungsmaßnahme ablehnt, ohne einen nachvollziehbaren Grund zu nennen, muss zukünftig mit einer Kürzung des Bürgergeldes von 30 % für drei Monate rechnen.

Meldeversäumnisse, zum Beispiel wenn man auf ein Schreiben des Jobcenters nicht reagiert, werden laut Angaben der Bundesregierung schwerer bestraft:
Das Bürgergeld soll in einem solchen Fall für einen Monat um 30 % gekürzt werden.

Und auch hier, stelle ich mir wieder meine eingangs gestellten Fragen.

Alleinstehende Menschen bekommen eigentlich Bürgergeld von 563 Euro im Monat.
In sanktionierten Monaten würde dann nur eine Summe von circa 394 Euro ausgezahlt.

Mir macht das Bauchweh und darüber muss neben Forschung und Versorgung gesprochen werden.

Quellen: Südkurier, Handelsblatt, Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD

 
 

Hier Teil 1 meiner Geschichte und bitte behaltet eventuelle Fehler. 😉

Hintergrund der Schöpfli-Aktion

„Schöpflis“ für ME/CFS

Anjas Gedanken – sie verschwindet

Heikes Geschichte, Erfahrungen und Erlebnisse

Schreib mir gern, was du so erlebt hast an schreibela@meelas-welt.de

Weiterführende Infos und Links:

Du bist betroffen oder Angehörige?
Das ME/CFS Portal und ihre Social Media Gruppen sind sehr hilfreich

Infos zu ME/CFS

Infos Bundesgesundheitsministerium

Anhörung im Bundestag zu ME/CFS

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Ich bin Ela. Seit 2020 lebe ich mit den Diagnosen ME/CFS, Fibromyalgie, hEDS (Ehler-Danlos-Syndrom, hypermobilität) und seit Jahrzehnten mit den Lebensmittelintoleranzen Lactose, Fructose und Histamin.

Mit diesem Blog möchte ich dir hilfreiche Tipps und wertvolle Informationen für dein Leben mit der Diagnose ME/CFS mitgeben.

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